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ALLES BLEIBT ANDERS! IST DAS FOTO-BUSINESS MIT ODER AN DER KRISE ERKRANKT?

Ein Beitrag von SILKE GÜLDNER  Fotografenberaterin und Autorin von „Erfolg im Foto-Business“

Foto: © Stefanie Link

Auch ohne Pandemie fällt die Bilanz für 2020/2021 für einige Berufsfotografinnen und Fotografen nicht so positiv aus. Die weiteren Aussichten sind unklar. Als ob die Branche nicht schon genug disruptiven Wellen ausgesetzt wäre, kommt das Arbeiten mit zahlreichen Beschränkungen und anderen Herausforderungen hinzu. Laut einer Umfrage von Berufsfotografen.com gaben rund 8% der Befragten an, voll ausgelastet zu sein. Rund 45% haben zu wenige Jobs oder sind gar nicht ausgelastet. Wie gut halten die eigenen Kunden und man selbst dieser Situation weiterhin Stand und wann wird das Business wieder planbarer? Normalität geht anders. Manche Fotografen suchen sich eine neue berufliche Aufgabe, andere erfinden sich innerhalb der Foto-Branche neu. Ist die Pandemie nur das Brennglas für eine Branche, die längst im Wandel war und bereits durch andere Faktoren unter Druck geraten ist?

Mit dem Titel „Alles bleibt anders“ habe ich im März 2020 auf IGTV eine Checkliste für Fotografen und Kreative veröffentlicht, die den Lockdown produktiv für sich gestalten wollen. Hier kurz zusammengefasst: Marktpositionierung & Kundenbedarf, Preisgestaltung & Umsatzplanung, Förderung für dein Foto-Business, Kundenpflege, Marketing & Weiterbildung! Heute ist diese Checkliste noch genauso aktuell. Denn die Pandemie hat so manchen Fotografen ausgebremst und gut florierende Geschäftsmodelle gestoppt. Mit welchen Jobs lässt sich Geld verdienen, was ist krisensicher und wie sollte das eigene Leistungsportfolio angepasst werden, damit ein Neustart gelingt, fragen sich Fotografinnen und Fotografen.

Schon vor der Krise zeichnete sich deutlich ab, was nun spürbar wird. Als Berufsfotograf heute genauso erfolgreich zu sein, wie vor 15 Jahren ist kaum möglich. Es ist schwieriger geworden, nicht nur einmal einen tollen Auftrag an Land zu ziehen, sondern regelmäßig wieder dafür gebucht zu werden.

Die Erklärung liefert ein Blick auf das System. Das Prinzip in der Werbung ist, dass sie sich fortwährend selbst neu erfinden muss. Sie ist getrieben von der Suche nach frischen Ideen, neuer Bildsprache und jungen Bildautoren. Es ist Selbstzweck, immer wieder andere Fotografen zu finden und sich mit frischem Content zu profilieren. Real ist auch, dass nicht nur Berufsfotografen ihre Bilder auf Onlineplattformen und sozialen Medien einstellen. Viele Fotografierende, nennen wir sie Content-Produzenten, beteiligen sich am Markt und erzeugen Konkurrenz zu den Profifotografen. 

Daraus folgt, dass die Veröffentlichung von Fotografie nicht länger ein Privileg der Berufsfotografen ist. Das verschärft zwar den Wettbewerb, kommt den Publishing-Häusern und Werbetreibenden aber gelegen. Sie suchen gute Themen und relevante Bilder überall und scheren sich selten darum, welche Vita die Urheber haben.

Foto-Business 2021? Die Krise hat uns gezeigt, dass die Kultur- und Kreativbranche anfällig für Störungen ist und dass dieses sensible Job-Gleichgewicht rasch aus dem Takt gerät. Dazu zählt besonders das Foto-Business. Wie ein Brennglas wirkt diese Krise auf Kundenbeziehungen und die Kommunikationsprozesse. Beständigkeit und Planbarkeit von Geschäftsbeziehungen leiden darunter. Manche Fotografen sind aus- oder umgestiegen und haben sich neue Berufsfelder gesucht. Andere fotografieren auch während der Krise weiter, weil ihr Geschäftsfeld krisenbeständig ist, wie zum Beispiel die e-commerce und Produktfotografie oder die Architektur- und Landschaftsfotografie. Einige haben neue Angebote für Kunden in der Krise entwickelt. Denn es gibt auch positive Effekte: die Digitalisierung schafft Alternativen. Analoge Formate und Events werden zunehmend hybrid, also auch digital geplant. Oder Kampagnenproduktionen finden im virtuellen Studio statt.

Ein weiterer relevanter Aspekt sind Inhalte. Wer in der Werbung arbeitet, sollte sich die „Content-Konkurrenz“ genau anschauen. In meiner Beobachtung sind die visuellen Trends der Gegenwart Themen wie soziale Gerechtigkeit, Leben und Konsum mit Haltung oder Umweltbewusstsein. Über Themen wie „wie wollen wir leben und wie können wir das Miteinander nachhaltig und ökologisch gestalten“, wird in den Medien viel berichtet. Modeproduktionen werden mit dem Ausdruck reflektierender Haltung in Designer-Marken inszeniert. Kaum eine Autokampagne ohne die Abbildung von anspruchsvollen, modernen Frauen. Inhalte sind zunehmend interessanter als „Schönheit“.

Der Ausblick für 2022? Zur gewohnten Ordnung wird das Foto-Business nicht so schnell zurückfinden. „Content ist King Kong“ habe ich neulich gehört, Zitat Nico Gees, was gut beschreibt, welche Lösungen Kunden jetzt und in Zukunft benötigen. Die Auftragsfotografie isoliert zu betrachten bringt nichts, denn kreativer Content soll auf vielen Kanälen einsetzbar sein und funktionieren. Es geht also für die Berufsfotografen darum, Technik noch mehr für sich zu nutzen, um für Kunden an Lösungen zu arbeiten. Und neben der inhaltlichen und technischen Weiterentwicklung des Portfolios kommt es darauf an, Kooperationen einzugehen, um interdisziplinäre Angebote machen zu können. 

Werte und Entscheidungskriterien haben sich über die Jahre gewandelt und anstelle von Erfahrung und Beständigkeit sind Entdeckergeist und Abwechslung gerückt. Die Berufsfotografinnen und Fotografen, die das verstanden haben, können sich anpassen. Aber das setzt nicht nur technisches Know-how, sondern auch mentale Beweglichkeit, Kreativität und Begeisterung für das System voraus. Denn man sollte sich für das, was man tun will jeden Tag aufs Neue engagieren, oder?

Silke Güldner ist Mitglied in der DGPh. Sie coacht Fotografen und Kreative dabei, Potenzial und Kompetenz im Business zu entwickeln, zu präsentieren und zu verkaufen. 2019 erschien ihr Buch „Erfolg im Foto-Business“ (ISBN 978-3-74750-074-3) im mitp Verlag, www.mitp.de.

  www.silkegueldner.de
  www.instagram.com/silke_fotoconsulting

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