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Im Gespräch mit Cyril Schirmbeck

Alle Bilder © Cyril Schirmbeck

Cyril Schirmbeck, geboren 1986 in Frankfurt am Main, ist Fotograf, visueller Künstler und Geschäftsführer einer Creative Consultancy. In Algerien und Marokko aufgewachsen, lebt und arbeitet er derzeit in Berlin.

Kannst Du uns zu Beginn ein wenig über Deinen Start in den Beruf erzählen? Was hat Dich bewogen Fotograf zu werden und hast Du eine klassische Fotograf:innen-Ausbildung und/oder evtl. Assistenzen bei anderen Fotograf:innen gemacht?

Das hat sich organisch entwickelt. Ich habe früh angefangen und einfach nicht mehr damit aufgehört. Eingeschult wurde ich in Algerien, jedoch zog aufgrund des dort ausbrechenden Bürgerkrieges meine Schule, die DSA, bereits mitten im ersten Schuljahr, nachdem die Schule zuletzt nur noch durch vermummte Militärs geschützt wurde, provisorisch in ein Hotel auf Mallorca, wo ich das Schuljahr quasi in Hotelzimmern beendete. Als junger Mensch nimmt man das alles sehr selbstverständlich auf, jedoch entstand damals bereits der Wunsch, diese in dem Alter aufwühlenden und auch gegensätzlichen Welten festzuhalten. Zu dieser Zeit fing ich an, regelmäßig mit Einwegkameras zu fotografieren. Über Umwege zogen wir letztlich dann ins sichere Marokko. Fotografie, aber auch das Schreiben, wurden für mich zu einem ganz selbstverständlichen Element, mit dem ich diese sehr vielfältigen Eindrücke übergeordnet zusammenfassen, gegenüberstellen und analysieren konnte. Später kam eine starke Affinität zur Gestaltung, dem damit einhergehenden Bildaufbau und der Kunst hinzu. Aber auch das Verlangen nach Reisen, die Konfrontation mit immer neuen Situationen, Orten und Menschen sind ein fester Teil von mir und lassen sich auch in meiner Fotografie gut integrieren. 

Deine fotografischen Schwerpunkte liegen heute primär in den Bereichen Portrait, Fashion und Fine Art. Weshalb eigentlich? Was reizt Dich speziell daran?

Die immer andere und wenig berechenbare, aber durchaus durch den Fotografen beeinflussbare Dynamik in der Portrait- und auch Modefotografie ist für mich spannend. Ein gutes Portrait entsteht nur in beidseitigem Vertrauen und einer dynamischen Energie, und hierfür gibt es eben kein Rezept. Es ist ein fluider Prozess und diese Fluidität reizt mich. Auch in meiner Modefotografie möchte ich die Person, die die Mode trägt, mit transportieren, und gerade im Zusammenspiel mit rein optischen Aspekten entsteht für mich hier ein interessantes Spannungsfeld. Letztlich arbeite ich insbesondere im Rahmen von Kunstprojekten an großformatigen Fotografien von Orten, die eine für mich außergewöhnliche Qualität besitzen, und versuche das in Bilder zu übersetzen.

Was inspiriert Dich?

Ich mache Inspiration weniger an spezifischen Dingen, Orten oder Situationen fest, sondern vielmehr an einem eigenen Zustand. Mich kann Unzähliges und manchmal auch unerwartetes inspirieren, auf eigene Weise, sofern der innere Zustand dafür stimmt. Diesen Zustand kann ich nicht erzwingen, aber ich kann die Grundlagen in Form einer gewissen Balance und einer Klarheit mit mir selbst schaffen, die dann im besten Fall Inspiration und Kunst ermöglicht.

Die vergangenen Monate waren für viele Fotograf:innen schwierig. Wie hast Du die Situation erlebt und wie hat sich die Pandemie auf Dein berufliches Leben ausgewirkt?

Ganz allgemein fehlt natürlich die Leichtigkeit und insbesondere die Spontanität bei Produktionen. Ich habe gleichzeitig beobachtet, dass diese Pandemie viele Prozesse beschleunigt hat, beispielsweise im digitalen Raum, und das wiederum betrifft auch Fotografie. Überall dort, wo zuvor Produkte, Oberflächen, Objekte oder künstlerische Konzepte usw. räumlich erlebbar waren, muss plötzlich alles rein aus der Ferne, und somit meist digital erlebbar gemacht werden. Hier spielen durchdachte Bildwelten eine wichtige Rolle. Sie können Kultur – Unternehmenskultur, Markenkultur – aber auch Emotionen und Werte wie kaum ein anderes Medium prägnant kommunizieren. Diese beschleunigte Entwicklung wird meiner Meinung nach auch dann, wenn wir diese Krise – hoffentlich bald – überwunden haben, noch weitergehen.

Welches war Deine erste Kamera und womit fotografierst Du heute?

Meine erste Kamera war eine Einwegkamera die ich im Kindergartenalter als Geschenk bekam. Aktuell fotografiere ich meistens mit Hasselblad, sowohl digital als auch analog im Mittelformat. Ab und an auch im Kleinbild mit einer Nikon D800 oder analog mit einer Nikon FM2. Für mich sind Kameras eher Nebensache, sie sind für mich ein Tool, mehr nicht. Die Wahl des richtigen Tools ist wichtig, aber die richtige oder bewusste Anwendung ist weit wichtiger.

Wie wichtig sind Dir freie Arbeiten und gibt es aktuell Projekte, von denen Du uns berichten kannst?

Im Idealfall sind kommerzielle und freie Arbeiten im Hinblick auf den künstlerischen und eigenen Anspruch deckungsgleich. Für mich ist die Grundlage aller meiner Arbeiten mein eigener künstlerischer Anspruch. Derzeit arbeite ich zum einen an dem langjährigen Projekt „Receding Worlds“, das die Schönheit derjenigen Orte festzuhalten versucht, die durch menschlichen Einfluss nicht mehr lange vorhanden sein werden. Kurz vor dem ersten Lockdown vergangenes Jahr hatte ich hier noch eine Ausstellung im Berliner Kühlhaus.

Du hast bereits einiges von der Welt gesehen – wo würdest Du morgen früh am liebsten aufwachen und weshalb?

An der kalifornischen Küste. Hier trifft eine südliche, beeindruckende Natur auf einen gebündelten kulturellen Antrieb, ihre Ausbeutung zu beenden, sowie auf eine Offenheit gegenüber neuen Technologien und Denkweisen, die all das ermöglichen können.

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