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IM GESPRÄCH MIT SIMONE GUTBERLET

„Let’s talk“: SIMONE GUTBERLET Head of Art Buying // C3 Creative Code and Content

Foto: © Jonas Friedrich, www.jonasfriedrich.co

Simone, Du bist heute Head of Art Buying bei C3 Creative Code and Content in Berlin. Wie hast Du eigentlich in der Branche angefangen und wie bist Du schlussendlich bei C3 gelandet?

Ich habe früh, bereits mit 14 Jahren, angefangen mich mit der Fotografie zu beschäftigen und meine erste Kamera geschenkt bekommen – und dann einfach nicht mehr damit aufgehört. Nach einer Ausbildung zur Fotografin und mehreren Assistenzen in Hamburg und Düsseldorf, bin ich nach München auf die Mediadesign Hochschule und habe dort nach meinem Abschluss zur Informationsdesignerin die Seite gewechselt. Meine starke Affinität zur Fotografie und gleichzeitig zur Gestaltung, dem damit einhergehenden Bildaufbau und der Kunst, haben in meinem Beruf als Art Buyerin für mich perfekt zusammengepasst. Aber auch das Verlangen zu Reisen, die Konfrontation mit immer neuen Situationen, Orten und Menschen sind ein fester Teil von mir und lassen sich auch gut in meinen Job integrieren. Ich bin nach einigen Jahren in München dann nach Berlin gekommen und hatte das große Glück in einer kleinen aufstrebenden Agentur zu arbeiten. Die Agentur Kircher Burkhardt hat mir große Freiheiten ermöglicht und wir haben viele tolle Projekte umgesetzt. C3 ist dann in 2015 aus einem Zusammenschluss des Münchner Verlags Burda Creative Group und der Agentur Kircher Burkhardt entstanden. Hier bin ich heute immer noch tätig, habe täglich großen Spaß dabei und darf vor allem den visuellen Content bei sehr vielen Kunden mit entwickeln.

Seit vielen Jahren beobachtest Du nun bildsprachliche Trends im redaktionellen und werblichen Umfeld. Wie hat sich die Bildsprache Deiner Meinung nach in den letzten Jahren verändert und welche wesentlichen Trends siehst Du derzeit?

Der wichtigste ist vielleicht: Bilder sollen echte Emotionen vermitteln. Gerade wenn es um das Verhältnis von Mensch und Technologie geht, sind emotionale Bilder gefragt, Bilder, die eine Beziehung herstellen. Aus meiner Beobachtung spielen Themen wie Umweltbewusstsein, Recycling, CO2-Fussabdruck, soziale Gerechtigkeit, ‚Konsum mit Haltung‘, Diversity und Inklusion eine immer größere Rolle. Gefragt ist ein authentischer Look – das hat natürlich viel mit der Entwicklung in der Socialmedia-Welt zu tun, die diesen Trend vorexzerziert hat. Echte Menschen, echte Emotionen, echte Ereignisse, das Gefühl mittendrin zu stehen – das ist der aktuelle Trend. Früher ging es eher um das perfekte Bild, im Hinblick auf die technische Umsetzung, und das ganze fand oft mit viel Aufwand und Equipment statt. Die Bilder wirkten daher eher emotionsloser. Viele Fotograf:innen trauen sich auch mehr, das Einzigartige zu zeigen und sich selbst als Marke zu sehen. Gefragt sind gerade z. B. „Flashed“-Effekte, außerdem arbeitet man wieder mehr mit einem einzigen Licht – ein Stil, den man aus früheren SZ Magazinen kennt. Hohe Kontraste und intensive Schatten sind wieder in Mode, alles ist fokussiert und sehr energiegeladen.

Wie darf man sich Deinen Arbeitsalltag in etwa vorstellen? Wie sieht so ein typischer Tag im Art Buying bei C3 aus?

Wir haben bei C3 mehrere Standorte, und hier tauschen wir uns auch regelmäßig aus, was steht aktuell an, wer kann wo unterstützen und hat auch bereits Erfahrung bei einem angefragten Projekt. Jeder Standort hat feste Kunden und auch Teams, aber trotzdem haben wir ein gemeinsames Netzwerk. Ich kümmere mich in erster Linie darum, das alle Projekte am Standort Berlin perfekt umgesetzt und auch budgettechnisch überwacht werden. Wir haben z. B. Kunden die feste Zeitpläne haben und da kann ich das ganze Jahr bereits vorplanen. Wir planen pro Woche mehrere Shootings, schreiben Briefings, kaufen aber auch Bilder über Bildagenturen, sind auch auf Shootings vor Ort oder sind im engen Austausch mit Pressestellen.

Ihr habt doch sicherlich eine umfangreiche Datenbank mit Fotografen und Fotografinnen, wie wird man dort aufgenommen und wie kommt ihr genau auf die Fotograf:innen, die ihr beauftragt?

Ich sehe jede Woche Mappen, wir haben in Berlin einen festen Tag pro Woche „Mappengosee“ bei C3 eingeführt, an dem wir Fotograf:innen entweder persönlich oder per Teams kennenlernen. Ich schätze aber den persönlichen Besuch in Kombination mit hochwertig gedruckten Portfolios und einigen ausgewählten Showreels am meisten. Ich möchte die Menschen kennenlernen und mir selbst ein Bild machen. Ich notiere mir danach auch die wichtigsten Eindrücke der Fotograf:innen nach wie vor ganz klassisch in ein kleines Notizbuch. Außerdem bin ich häufig auf Ausstellungen und tatsächlich auch im Netz unterwegs und suche dort nach neuen Fotograf:innen, die zu uns passen. Wir haben aktuell auch bei einigen Projekten eingeführt, dass wir immer mindestens eine Fotografin beauftragen, damit auch hier das Thema Gleichberechtigung gefordert und gefördert wird.

Wie weckt man als Fotograf:in denn eigentlich Deine Aufmerksamkeit und wie eher nicht?

Mich beeindrucken am meisten: Kreativität, Networking, Durchhaltevermögen, Verbindlichkeit und dass man natürlich an sich selbst glaubt. Wichtig ist auch eine aus der Reihe fallende Bildsprache, das Besondere und ein persönlicher Look. Das kann auch eine besondere Anordnung in einer Mappe sein oder eine tolle Geschichte. Das man sich immer wieder in Erinnerung bringt, denn, da wir so viele Projekte machen, ist das dann manchmal genau der richtige Moment, und dann brauchen wir genau den oder die Fotograf:in – und es passt.

Ich bin sehr zuverlässig und weiß was ich tue, das erwarte ich auch bei einer Zusammenarbeit.

Kannst Du so ungefähr abschätzen wie viele Portfolios Du im Durchschnitt über das Jahr sichtest und wie ist das Verhältnis – sind es mehr gedruckte Mappen oder eher digitale Portfolios?

Ich schaue mir, wie bereits erwähnt, jede Woche Mappen an. Das ist der beste Weg, um Trends und das, was die Community bewegt, zu erkennen. Wir erhalten auch viele Portfolios auf eine neue Vorstellung oder Anfrage per E-Mail. Davon sind es mittlerweile 20% gedruckte Mappen und 80% digitale Portfolios. Es werden so circa um die 80 Portfolios im Jahr sein – die ich mir genauer anschaue. Dazu kommen noch weitere Mappen oder Fotos bei Fotosalons, Ausstellungen oder Mappenevents etc. …

Einige Fotograf:innen klagen, dass der Markt für Fotografie weiter auf dem absteigenden Ast sei und es immer weniger gute Aufträge gäbe, die auch angemessen bezahlt würden. Was sind Deine Gedanken als Auftraggeberin dazu?

Ich komme selber von der anderen Seite, weiß ganz genau, was es bedeutet einen Job von Anfang bis zum Ende zu planen sowie umzusetzen, und dass es auch etwas kostet. Mir ist es wichtig, dass die Jobs vor allem angemessen kalkuliert werden. Von Fotograf:innen höre ich oft, dass bei kleineren Agenturen das größte Chaos herrscht, weil es kein Art Buying gibt, die einen Job angemessen kalkulieren können – und dann werden die Fotograf:innen passend zum Budget gesucht, anstatt passend zum Kunden. Das ist eine Entwicklung, die sich langfristig nicht durchsetzen darf!

Was zeichnet für Dich persönlich ein wirklich herausragendes Foto aus?

Ein herausragendes Bild muss in mir eine Emotion wecken, ich möchte darin mehr als nur den Moment sehen. Bei mir zu Hause hängen z. B. ausschließlich Fotografien von Fotograf:innen, mit denen mich eine Gemeinsamkeit verbindet und der/die mir eine gute Geschichte zu ihrem Bild erzählen konnten. Bilder sollten am besten mehrere Erzählebenen haben. Sie sollen dazu anregen, dass man sich darüber unterhält. Sie sollten vor allem eine große Wirkung auf die Betrachter haben und sie in ihren Bann ziehen. Das ist es für mich ein herausragendes Foto.

Was ist Deiner Meinung nach heute ausschlaggebend, um als Fotograf:in in der Fotografiebranche erfolgreich zu sein?

Natürlich und hauptsächlich Spaß an der Sache, am Fotografieren und ein gutes Auge. Der Look kommt nicht einfach aus der Kamera. Fotograf:innen sollten ihre Storys immer selbst bearbeiten und so ihr persönliches Gefühl für die Bilder transportieren. Wichtig finde ich auch: Gerade junge Fotograf:innen sollten „ihr Ding“ machen und nicht einfach vermeintlichen Trends nachlaufen. Man sollte aufgeschlossen sein und sich selbst aber auch nicht zu ernst nehmen. Ich beobachte auch, dass ein Mentor, der im Hintergrund unterstützen kann und aufgrund seiner Erfahrung gut einschätzen kann was man als nächstes tun sollte, hilfreich ist.

Das Thema KI ist vor allem ein sehr wichtiges Thema und Fotograf:innen werden es in Zukunft ebenfalls als Tool nutzen. Man sollte es als Chance sehen und nicht als Konkurrenz. Man kann mit KI mittlerweile gute Motive erzeugen, aber die emotionale Tiefe und die kreative Vision eines/r erfahrenen Fotograf:in wird sie nie erreichen – und das ist auch gut so.

Wir danken Dir für das Gespräch. ♥

Simone Gutberlet ist als Head of Art Buying bei C3 Creative Code and Content in Berlin tätig. Die gelernte Fotografin hat nach einigen Jahren als Assistentin bei verschiedenen Fotografen an der Mediadesign Hochschule München einen Abschluss zur Informationsdesignerin absolviert und ist danach auf die Seite der klassischen Bildredaktion gewechselt. Seit 2021 ist sie Jurymitglied des Förderpreises beim BFF.

  www.c3.co
  Simone Gutberlet bei LinkedIn

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